
Von der Straßenseite winkt der diensthabende Beamte mir zu, ich solle anhalten. Innerlich seufze ich, da ich mir schon denken kann, was jetzt kommt. Ich habe nicht gegen die Verkehrsregeln verstoßen, aber ich bin weiß. Der Beamte hofft wahrscheinlich, von mir Geld zu bekommen. So ähnlich habe ich es schon öfter hier im Tschad erlebt. Im Bruchteil weniger Sekunden muss ich entscheiden, wie ich gleich reagieren werde. Es gibt immer zwei Möglichkeiten: Ich zahle die Summe, die der Beamte unrechtmäßig für eine nicht begangene Straftat verlangt, in seine eigene Tasche. Das wäre der einfache Weg. Oder ich bitte den Beamten, mir auf offiziellem Weg einen Strafzettel auszustellen, was die langwierigere und meist auch kostspieligere Variante darstellt.
Nach einer landestypisch freundlichen Begrüßung erkläre ich dem Beamten, dass ich Jesus nachfolge und deshalb die Sache auf dem richtigen Weg machen will. Deshalb brauche ich eine Quittung. Der Beamte kann mir vor Ort keine ausstellen, weshalb ich wenige Minuten später im Polizeipräsidium dem Polizeichef gegenübersitze. »Er folgt Jesus nach und will deshalb eine Quittung haben«, schildert der Beamte kurz meinen Fall. Als der Name Jesus erwähnt wird, hebt der geschäftige Polizeichef seinen Blick. Plötzlich scheint mein Fall doch nicht so nebensächlich zu sein. »Du kennst also Jesus?«, fragt er, rückt sich in seinem Sessel zurecht und deutet mein Nicken als Einladung, zu erzählen.
»Ich saß mal im Gefängnis«, er hielt kurz inne. »Vor 40 Jahren. Ich war ein junger Mann, mitten im Leben. Der damalige Präsident hat viele ins Gefängnis geworfen, manche wurden schlimm gefoltert. Da saß ich also. Ich hatte keine Ahnung, was mit mir passieren würde. Dann besuchte Jesus mich im Traum. Er fragte mich, ob er mich leben oder sterben lassen solle. ›Ich will leben!‹, antwortete ich nachdrücklich. Er erwiderte, ich müsse aber erst sterben. Ich habe mit ihm diskutiert und ihn um mein Leben angefleht, bis er mir sagte, ich dürfe leben. Er hat mir genau erklärt, wie und wann ich freigelassen werden soll und alles ist genauso eingetreten. Seitdem ehre ich Jesus.«
Ich bin fasziniert. Seit 40 Jahren trägt der Mann diesen Traum in seinem Herzen. Seinen Erzählungen zufolge sind die Erinnerungen immer noch sehr lebendig. Und er ehrt Jesus, aber er kennt ihn nicht. Was für eine großartige Führung, dass ich ihm heute gegenübersitzen und seine Geschichte hören darf. In der nächsten Stunde erkläre ich ihm das Evangelium und gehe auch darauf ein, was es bedeutet, wenn Jesus sagt: »Du musst erst sterben«. Der Polizeichef ist tief betroffen. Wir tauschen unsere Nummern aus und ich darf ihm die Bibel-App auf sein Handy laden. Während ich das Präsidium verlasse, frage ich mich, wie viele weitere Menschen hier unterwegs sind, die bereits einen Traum von Jesus hatten, aber niemanden kennen, der ihn erklären kann? Bitte betet, dass der Herr mehr Arbeiter zu uns sendet und Begegnungen wie diese schafft.