Sie können
nicht hören

Denn die Herzen dieser Menschen sind verhärtet, ihre Ohren können nicht hören und sie haben ihre Augen geschlossen. Ihre Augen sehen nicht, ihre Ohren hören nicht und ihr Herz versteht nicht, und sie kehren nicht zu mir um, damit ich sie heil mache.

Matthäus 13,15

„Sie muss bestraft werden!“. So energisch habe ich meine Sprachhelferin selten erlebt. Als ich mich das erste Mal mit ihr traf, machte sie mir schnell klar, dass sie nicht an den Geschichten aus der Bibel interessiert sei. Alles, was sie wissen müsse, stehe im Koran. Heute erzähle ich ihr die Geschichte von der Ehebrecherin, die von den Gesetzeshütern zu Jesus gebracht wurde. Während ich erzähle, merke ich, wie sie mir an den Lippen hängt und sich intensiv in die Situation hineinversetzt. Ihre Augen funkeln, als ich zu dem Teil gelange, wo die Frau vor Jesus steht und angeklagt wird. Ich bin überrascht und auch ein bisschen hoffnungsvoll, dass sie doch zuhört und vielleicht das Erste mal etwas von dem versteht, wie Jesus ist. Aber genauso energisch, wie sie sich für die Bestrafung der Sünderin einsetzt, genauso entsetzt ist sie, dass keiner der Ankläger sich traut, den ersten Stein zu werfen. „Wirklich? Keiner? Konnte keiner sie bestrafen?“, hakt sie nochmal nach. In ihrer Stimme klingt ganz deutlich die Empörung mit. „Doch“, antworte ich ruhig und blicke ihr dabei in die Augen. „Jesus hätte sie anklagen können.“ „Ach so”, ist das Einzige, was sie darauf erwidert. Mit einem Achselzucken widmet sie sich wieder dem Sprachunterricht, als wäre alles, was ich gesagt habe, völlig bedeutungslos.

„Herr, öffne du ihnen die Ohren, dass sie hören“. Wie sehr brauchen die Menschen hier dieses Gebet! Seit 2011 leben wir schon in Malaysia. Bisher wissen wir von keinem Einzigen Jesus-Nachfolger in unserem Stadtteil. Wir bauen Beziehungen zu unseren Nachbarn und Arbeitskollegen und nutzen verschiedene Gelegenheiten, um Geschichten von Jesus zu erzählen oder unsere eigene Geschichte mit ihm. Wir erzählen, wie wir für unseren Leukämie-kranken Sohn gebetet haben und wie er geheilt wurde. Wir erzählen von der Hoffnung, die wir haben, seit wir Jesus kennen. Oft lenken wir die Gespräche bewusst in diese Richtung, in der Hoffnung, dass irgendjemand Interesse zeigt und weitere Fragen stellt. Aber wir haben den Eindruck, dass das, was wir sagen, an den Leuten abprallt. Wir können nicht zu den Menschen durchdringen. Und so beten wir, dass Jesus selbst einen Zugang schafft. Und wir wollen weiterhin Gelegenheiten nutzen, um von ihm zu erzählen und jederzeit dafür bereit sein, dass Jesus Durchbrüche schenken kann. Manchmal ist die Hoffnung umkämpft. Manchmal sehen wir auf all die Jahre zurück und sind entmutigt, dass wir bisher noch keine Frucht sehen. Dann ermutigt uns der Satz unserer Teamkollegin, die bereits seit 34 Jahren in diesem Land ist: „Bisher gibt es hier keine Nachfolger, aber es kann jederzeit passieren. Wir wollen bereit sein.“ Betet ihr für uns um Ausdauer und dafür, dass Jesus selbst den Menschen die Ohren öffnet?